Gebäudeschadstoff

Gebäudeschadstoffe sind Stoffe in und an Gebäuden, die nicht nur ein Gefährdungspotenzial für die Umwelt haben, sondern auch negative Auswirkungen für den Menschen. Ihre Gefährdung wird durch krebserregende (K), fruchtschädigende (RF), erbgutschädigende (RE) mutagene (M) oder toxische Wirkungen (T) als erwiesen (1) Verdacht (2) oder Hinweise vorhanden (3) beschrieben. Die akuten (a) oder auch chronischen (c) Folgen fallen bei jedem Stoff unterschiedlich aus, außerdem spielt die wirksame Dosis, also die Konzentration und Dauer der Exposition bis auf wenige Ausnahmen eine große Rolle.

Bei schadstoffbelasteten Bestandsbauten handeln

Zuerst ist es wichtig herauszufinden, ob Schadstoffe vorhanden und ggf. wirksam sind und damit zugleich, um welche Schadstoffe es sich handelt. Aus den vorgenannten Hinweisen werden erste Anhaltspunkte abgezogen und bei einer Begehung mit allen in Frage stehenden Räumen und Bauteilen abgeprüft. Für jedes Bauteil gibt es spezifische Verdachtsstellen für schadstoffhaltige Bauprodukte. Man geht dabei von mehreren Tausend Produkttypen aus. Nehmen wir beispielsweise an, es liegt ein Teer- oder Naphtalingeruch im Kellergeschoss vor, so wird hier nicht nur nach Teerpappen mit PAK- Gehalten als sogenannte Horizontalsperre in den Grundmauern zu suchen sein, sondern auch Teermassen als Isolationsanstriche der Bodenfläche und der Wände, als Untergrundinjektion oder als Tankanstrich, kommen als typische Stellen in Frage, sogar ehemalige Bekämpfungsmaßnahmen (Stichwort Mottenkugeln) oder alte Elektrokabelrohre darf man nicht außer Acht lassen. So setzt sich der Katalog spezifischer Gebäudeschadstoffanwendungen in allen Bauteilen weiter fort und variiert mit den Baujahren, den Gebäudezwecken und den Bautechniken.

Viele Verdachtsstellen zeigen zumindest dem Sachverständigen recht deutliche Hinweise auf den Schadstoff auf, bei anderen hingegen bleibt der Verdacht nur vage. In allen Fällen ist der eindeutige Beweis der Anwesenheit eines Schadstoffes durch die Beprobung und Analyse herstellbar. Wenn es also wirtschaftlich vertretbar ist und für die Sicherheit geboten erscheint, entnimmt man etwas Material. Das erfolgt möglichst gering zerstörend, manchmal genügen wenige Partikel oder es wird an verdeckten Stellen im Bereich von 2 Gramm beprobt. Nur repräsentativ müssen die Proben sein und daher kann es auch erforderlich werden, den gesamten Querschnitt der Bausubstanz zu beproben, um eventuelle Eingriffe in die Bausubstanz beurteilen zu können. Oft endet hier die erste Erhebung des oder der Gebäudeschadstoffe und mündet nach der Analyse im Labor in einer Bewertung und in Empfehlungen.

Der Sachverständige entwirft entsprechend der Vorbefunde einen Raumluftmessplan. Dazu liegen eine ganze Reihe von Richtlinien vor, z.B. in der DIN-EN 1600er Reihe. Für Raumluftprobenahmen sind unterschiedliche Probenahmegeräte notwendig, begleitet von Prüfgeräten für die raumklimatischen Grundparameter. Der Zeitpunkt der Probenahme und die Umstände der Messung werden so gewählt, dass einmal die Bedingungen für die Vergleichswerte übereinstimmen und zum anderen die durchschnittliche Konzentration im Betrieb bzw. während der üblichen Nutzung deutlich wird. Das können unterschiedliche Situationen sein. Erst wenn alle Emissionspfade, auf denen der Schadstoff auf den Menschen übertragen werden kann, messtechnisch abgeklärt sind, ergibt sich oft eine vollständige Beurteilungsgrundlage. Raumluftmessungen werden nicht nur als Grundlage für die Bewertung des Handlungsbedarfes herangezogen, sie bereiten auch Sanierungen vor, begleiten sie und überprüfen ihren Erfolg.

Jeder Schadstoff birgt seine eigenen Risiken mit sich, eng verbunden mit seiner tatsächlichen Einwirkung auf den Menschen als relevante Dosis, dem Produkt von Zeit und Konzentration. Die Beurteilung erfolgt im Abgleich mit Beurteilungswerten aus der Erfahrung, der Literatur, aus Leitfäden, aus Richtlinien und aus Veröffentlichungen von Kommissionen. Zuletzt spielt auch die individuelle Sensibilität der Betroffenen und das Zusammenwirken mehrerer Einwirkungen noch eine große Rolle bei den Abwägungen. Wenn festgestellte Einwirkungen in einem bestimmten Zeitraum abklingen sollten oder möglichst zu unterbinden sind, werden Empfehlungen zum weiteren Umgang durch den Sachverständigen ausgesprochen, dabei gibt der die notwendigen Maßnahmen mit ihren machbaren Varianten vor. So wird die weitere Nutzung von Räumen und das Risiko möglicher Mobilisierungen der Schadstoffvorkommen abgewogen und Informationspflichten und sichere Verhalten geschildert. Es werden sodann auch Sanierungsmaßnahmen durch Immobilisieren oder Abtrennen oder durch Entfernen betrachtet.

Bei der RAL-Prüfung schauen wir sehr genau auf die Expertise des Sachverständigen, also die Berufserfahrung, die Vorbildung, die Sachkunde nach TRGS 519 mit 5-jähriger Fortbildung und die persönliche Integrität auf Basis der VDI 6202-01 etc. Bei den rasch voranschreitenden Erkenntnissen in diesem Bereich sind weitere Anstrengungen notwendig, das Wissen ständig durch Besuche von Fachveranstaltungen und Seminaren und dem stetigen Austausch unter Experten voranzutreiben.

Sanierungsplanung

Sanierungsmaßnahmen werden bereits in den gutachterlichen Empfehlungen im zeitlichen Ablauf und in den Grundzügen der Sanierungstechnik beschrieben. Bei wesentlichen Sanierungsmaßnahmen ist sodann eine Sanierungsplanung sinnvoll, die in der Regel von demselben Experten als Fachplaner ausgeführt wird. Er prüft die Grundlagen, ergänzt sie bei Bedarf und entwirft Sanierungsverfahren als Alternativen. Neben der Machbarkeit werden auch die wirtschaftlichen Gesichtspunkte bewertet, denn Wirtschaftlichkeit schafft Machbarkeit. In der langfristigen Betrachtung ist oft das Entfernen der Belastungsquellen die wirtschaftlichste Alternative. Zwar bedeutet jeder Eingriff eigene Risiken, aber danach sind Havarien, schleichende Risiken und Besorgnisse klar vermieden.
An die Sanierungsplanung schließt sich die Auswahl geeigneter Sanierer an, die ein Angebot abgeben und daraufhin beauftragt werden können. Die Ausführung ist oft an andere Bauvorhaben gekoppelt, an Modernisierungen, Renovierungen, Wiederherstellungen oder auch an den Abbruch von Gebäuden. Bei Anwesenheit von Schadstoffen und bei der Beschäftigung mehrerer Firmen auf der Baustelle ist die Bestellung eines Koordinators für Sicherheit und Gesundheitsschutz (SiGeKo) nach Baustellenverordnung notwendig.

Qualität der Sanierungen

So wie der Fachplaner einschlägige Referenzen und ein Qualitätsmanagementsystem vorlegen können sollte, so gilt das auch für einen Fachsanierer. Auch er muss Sachkunde nach TRGS 519 mit Fortbildungen nachweisen. Der RAL-zertifizierte Fachsanierer wurde auch auf diese Kriterien, seinen Leumund, seine Referenzen und seine Ausrüstung geprüft. Ein wichtiges Kriterium ist auch die Versicherung, da die Haftpflichtversicherungen in ihren allgemeinen Bedingungen Asbest ausschließen und nur mit schlechteren Bedingungen und vielen Details wieder einführen. Die einfache Prüfung einer Deckungszusage reicht heute leider nicht mehr aus.
Da Fachunternehmen, die Arbeiten/Tätigkeiten an Schadstoffen/Gefahrstoffen verrichten, grundsätzlich der Gefahrstoffverordnung unterliegen, ist vielfach ein Zusammenwirken mit staatlichen Arbeitsschutzbehörden und den gesetzlichen Unfallversicherungsträgern sowie bei bestimmten Schadstoffen auch durch die Zulassung durch die jeweilige Arbeitsschutzbehörde notwendig.

An Vermieter eines Baubestandes wird häufig eine Beschwerde zu Belastungsbildern im Mietobjekt gerichtet. So sind asbesthaltige Kunststofffliesen, sogenannte Flex-Platten oft Gegenstand einer Beschwerde und ein Grund für eine Mietminderung, vor allem wenn Zerstörungen vorliegen. Dass die Faseremission aus diesen sehr fest in die Kunststoffmatrix eingebundenen Belastungen in der Regel unter den Grenzwerten rangiert, ist gerade beim Asbest oft nicht ausschlaggebend, da neben einer Dosisabhängigkeit noch eine statistische Wahrscheinlichkeit belegt wird.
Dort hilft es sehr, Kenntnisse über die Schadstoffe und zugleich Bewertungen über deren Gefahr zu erhalten. Die Gewissheit wiegt heute mehr als der verdrängte Verdacht, denn bald 50 Jahre nach dem Einbau der Asbestprodukte in unsere Gebäude tritt auch eine bessere Einschätzbarkeit der Risiken ein. Damit können sowohl Mieter eher Vertrauen in eine gegebene Situation fassen als auch der Vermieter, die sicherheitstechnisch gebotenen und die wirtschaftlich attraktiven Verbesserungen der Immobilie richtig erfassen und erfolgreich einsetzen. Der Wert dieser Strategie zeigt sich spätestens bei den sonst immer wieder erfolgenden Havarien mit Schadstoffen.

Immobilientransfer

Auch beim An- und Verkauf von Objekten erbringt ein Mangel an Informationen oft gravierende wirtschaftliche Nachteile. Mag es dem Verkäufer noch opportun erscheinen, Schadstoffbelastungen im Vertrag zwar grundsätzlich einzuräumen, aber im Detail nicht zu erkennen, so ist der Käufer bei diesem Vorgang ohne Tatsachenbetrachtung in der Gefahr, alle Risiken in seinen Besitz und seine Verantwortung zu übernehmen. Immer wieder ergeben sich Beispiele erheblicher finanzieller Auswirkungen für den Erwerber, die er sich mit dem Kauf der “Katze im Sack” einhandelte.

In dieser Situation wehren sich Käufer häufig damit, dass sie selbst möglichst pauschale Vereinbarungen zur Schadstofffreiheit in die Verträge einsetzen. Dieses Vorgehen eröffnet ihnen die Möglichkeit, nachträglich viele Kosten der Gebäudeertüchtigung unter dem Titel Schadstoffsanierung fremd abzubuchen. Noch unmittelbar aber wirkt es, in “letzter Minute” vor einer Transaktion eine sehr rasche Prüfung auf Belastungsbilder einzusetzen. Alle Verdachtshinweise werden sodann zu möglichst hohen Belastungen hochgerechnet und eine entsprechende Minderung des Kaufpreises verlangt. Aus einem grundsätzlich berechtigten Ansinnen wird hier ein vornehmlich taktisches Instrument. Mit den Waffen der Prüfung und Gegenprüfung, der Bewertung und Gegenbewertung setzt ein oft zähes Verfahren um Wagnis und Gewinn ein. Wer diese Risiken vermeiden möchte, sucht vorher die vollständige Erkenntnis und damit die freibleibende Verständigung.

Bauaufträge

Zuletzt sei der Einfluss von Schadstoffprüfungen bei der Bautätigkeit betrachtet. Einerseits gehört dem Bauherrn der Bestand mit seinen Schadstoffanteilen, andererseits obliegt dem Bauauftragsnehmer die Verantwortung gegenüber seinen Mitarbeitern und dem Umgang mit Gefahrstoffen und Schadstoffen. Noch heute scheuen beide Parteien hier oft die schlechten Nachrichten und setzen zum “Blindflug” an, verweisen zur eigenen Entlastung gegenseitig auf ihre Pflichten, die sich dadurch aber gar nicht aufheben. Das ist nach heutiger Erkenntnis auch deswegen nicht Erfolg versprechend, weil in einem Drittel des Bestandes vor 1993 allein durch Asbest in bauchemischen Produkten, also z.B. in Wand- und Reparaturspachtelmassen, in Fliesenklebern oder Farbbeschichtungen, ein Befund vorliegt. Das wissen auch die Aufsichtsbehörden und prüfen verstärkt nach. Die Bauauftragnehmer neigen also immer stärker und geschlossener dazu, konkrete Anfragen zur Schadstoffbelastung zu stellen. Wenn sie das erst nach Auftragserteilung und verbunden mit einem Nachtrag tun, treten die bekannten Folgen ein, hohe Nachforderungen, Behinderung aller Beteiligten, langwierige Auseinandersetzungen. Bewusstes Management von Aufgaben sieht anders aus.

Auseinandersetzungen bei Gebäudeschadstoffen
Wie kann für einen Streitfall die Sachlage dokumentiert werden?

Wer möchte schon länger mit einem Missstand leben, seine Gesundheit riskieren oder Belästigungen in Kauf nehmen, nur um die Beweislage für einen meist viel später anstehenden Streit nicht zu verderben. Man möchte eher sofort etwas unternehmen und reagiert durch Auszug, Abtrennungen oder Beseitigungen. Aber auch wenn man stillhält, verändern sich viele Schäden von selbst. Sicher ist es dabei sinnvoll, Sachverhalte am bestem mit Zeugen zu notieren und vor allem Fotos von sichtbaren Fehlern zu machen. Noch besser gelingt die Dokumentation aber, wenn der umgehend zur Verfügung stehende Sachverständige mit Prüfungen nach dem Stand der Technik Daten erhebt und in einem Gutachten festhält. Die Messwerte werden in aller Regel auch von gerichtlich bestellten Sachverständigen anerkannt, die unter Umständen nach einem halben Jahr eigene Prüfungen machen, aber dennoch alle plausiblen Vorbefunde in ihrer Begutachtung berücksichtigen werden.

Belange des Abfallrechts

Die Entsorgungsleistungen und auch die formale Abwicklung können delegiert werden. Allerdings bleibt der Abfallerzeuger bis zur endgültigen Entsorgung in der Verantwortung. Diese gesetzliche Verantwortung kann nicht durch eine vertragliche Gestaltung an Dritte übertragen werden. Besondere Bedeutung hat dies vor dem Hintergrund, dass der Abfallerzeuger/-besitzer unter Umständen für eine anderweitige Abfallentsorgung aufkommen muss (z.B. durch Insolvenz des Unternehmens) oder nicht mehr nachkommen kann. Der Bauherr als eigentlicher Eigentümer der Abfälle hat also ein bleibendes Interesse daran, dass die ordnungsgemäße Entsorgung für ihn transparent kontrolliert wird.